Warum erlauben wir uns kein Glück?
Zum Roman Sierra Clara
Von einer Leserin kam die Frage bei mir an, warum die junge Protagonistin Clara nicht um ihr Glück kämpft. Warum gibt sie ihren Freund Benedikt so einfach auf, wo sie doch so stark an ihm hängt und er an ihr?
Gerade sind die beiden noch jung verliebt und genießen es, einen Rückzugsort zu haben. Sie lassen niemanden herein, wollen keine Meinung von außen über ihre Zweisamkeit hören. Dann bricht in ihren Familien ein Streit aus. Clara fühlt sich plötzlich ertappt und schuldig. Allein die Missgunst, die sie in der Nähe spürt, gibt ihr das Gefühl, Benedikt nicht verdient zu haben.
Warum nehmen wir manchmal eine Schuld an, die uns nicht gebührt?
Clara hat das Annehmen von Schuld schon früh in ihrer Kindheit von ihrer Mutter Sabine übernommen. Sabine ist in einer streng patriarchalen Dorfgemeinschaft aufgewachsen. Immer wieder unterliegt sie der Gesellschaftsordnung. Als ein wütender Mann, dem das halbe Dorf gehört, ihr Schuld an einem tödlichen Unglück zuschiebt, um seinen Sohn reinzuwaschen, kann sie nur noch fliehen. Wie das so ist, übertragen sich ungelöste Muster auf die nächste Generation. Kinder spiegeln unbewusst das Verhalten der Eltern.
„Tu einfach jeden Tag etwas, das dich glücklich macht, dann wirst du ein großartiges Leben haben.“
Diese simple Glücksanleitung erhält Sabine von einem mysteriösen Mann, der für ein paar Stunden in ihr Leben tritt. Sie verfällt nicht nur ihm, sondern auch der Idee von Freiheit. Clara entspringt dieser Begegnung und Sehnsucht, und strahlt sie in der Schönheit ihrer Hautfarbe nach außen.
Auf der Suche nach einem Ausweg aus der Schuldfalle, in die der kritische Blick der Gesellschaft sie immer wieder treibt, reist Clara als junge Frau um den Globus und sammelt Erkenntnisse über die Freiheit, so wie ihre Mutter. Den Weg der beiden Frauen aus ihrem inneren Käfig habe ich in Sierra Clara erzählt.
Fun-Fact: Die Liebesgeschichte zwischen Clara und Benedikt endete in der ersten Fassung des Romans anders als in der finalen Version. Meine Mutter, der ich die Rohfassung zum Lesen gegeben habe, protestierte dagegen. Sie meinte, die Geschichte wäre runder mit einem anderen Ende. Ich hab auf sie gehört – zum Glück 😊